Tag zwei nach der Unwetter-Katastrophe. Von der Flutwelle in Stein an der Enns sind Schlamm, Dreck und Zerstörung geblieben. Die Erschöpfung und die Sorge um die Kosten machen den Menschen zu schaffen.
Über Stein an der Enns hängt der modrige Dunst von tonnenweise Schlamm. Dort, wo die braune Brühe getrocknet ist, zieht jedes Fahrzeug eine riesige braune Staubwolke hinter sich her. Die Menschen im Ort haben dafür keinen Blick – und keine Zeit.
In die Gesichter hat sich die Erschöpfung gegraben und trotzdem wird weiter geschuftet. Im Haus der Familie Schadenbauer hat die Katastrophe ganze Arbeit geleistet. Der Keller war bis unter die Decke voll mit Wasser und zähem, dunklem Schlamm. Praktisch alles, was drin war, wird wohl auf dem Müll landen. Schweren Herzens.
Vater und Sohn Schadenbauer teilen sich den Vornamen, beide heißen Helmut, und mit ihren Familien ein schönes Doppelhaus. Und beiden geht’s – wie allen von der Katastrophe Betroffenen – nicht gut.
Nach dem Wasser kamen die Gewissheit über das tatsächliche Ausmaß der Verwüstung und die Sorge um die Deckung der finanziellen Schäden. „Gestern ist der Sohn umgekippt“, erzählt Schadenbauer senior, den Blick starr nach unten gerichtet. „Der Helmut ist bleich geworden und zusammengebrochen. Und eine halbe Stunde drauf auch meine Frau.“ Kurz zuvor hat der Sohn noch mit der Versicherung telefoniert und erfahren, dass es für die Schäden am Haus möglicherweise gerade einmal 4000 Euro geben wird. Alleine die kaputte Heizanlage im Keller kostet deutlich mehr.
Übermenschlich
In Stein an der Enns sind die Feuerwehrleute, die zwei Nächte und einen Tag lang Übermenschliches geleistet haben, von Pionieren des Bundesheeres abgelöst worden. 130 Mann der Katastrophenzüge St. Michael und Aigen und der ABC-Abwehrkompanie Graz sind es, die überall dort Hand anlegen, wo Hilfe gebraucht wird. Nicht lang fragen, sondern zupacken, heißt die Devise – und die erschöpften Bewohner von Stein an der Enns danken es ihnen. Mit Kaffee, Jause und Blicken, die Bände sprechen.
Und nicht nur die Betroffenen sind körperlich und psychisch längst weit über jede normale Grenze belastet, auch die mehr als 600 Mann der Freiwilligen Feuerwehren, die seit Samstagabend verbissen gegen die Fluten gekämpft haben, sind fertig.
„Jetzt weiß ich wenigstens endlich, wie viele Knochen ich im Leib hab“, grinst Frank Seiringer von der Feuerwehr Stein an der Enns leicht verbissen, während er mit dem Dampfstrahler Schläuche und Pumpen vom zähen Schlamm befreit. „Und in die Stiefel komm ich auch schon nicht mehr rein.“ Wen wundert’s? Gemeinsam mit seinen Kameraden war er von Samstag 18 Uhr bis Sonntag um fünf Uhr früh durchgehend im Einsatz. Dann gab’s eineinhalb Stunden Schlaf und danach wieder einen ganzen Tag Schwerarbeit.
Auch im ersten Stock des Rüsthauses wird geschuftet. Dort allerdings mit dem Kopf. Bezirkshauptmann Josef Dick, der den Katastropheneinsatz von Beginn an leitet, hat alle Einsatzorganisationen, Bürgermeister und Experten an den Tisch geholt. Denn der Kampf gegen die Schäden hat gerade erst begonnen.